Christian Beyer verliest vor Kaiser Karl V. die „Confessio Augustana“

Der 25. Artikel

Confessio Augustana
Das Augsburgische Bekenntnis (1530)


Lateinischer Text: Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche
(1930), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 50-137
Deutscher Text nach BSLK


Von der Beichte


Die Beichte ist durch die Prediger dieses Teils nicht abgetan. Denn diese Gewohnheit wird bei uns gehalten, das Sakrament nicht zu reichen denen, die nicht zuvor verhört und absolviert sind. Dabei wird das Volk fleißig unterrichtet, wie tröstlich das Wort der Absolution und wie hoch und teuer die Absolution zu achten sei. Dann es sei nicht des gegenwärtigen Menschen Stimme oder Wort, sondern Gottes Wort, der die Sünde vergibt. Denn sie wird an Gottes Statt und aus Gottes Befehl gesprochen. Von diesem Befehl und Gewalt der Schlüssel, wie tröstlich, wie nötig sie sei dem erschrockenen Gewissen, wird mit großem Fleiß gelehrt; dazu, wie Gott fordert, dieser Absolution zu glauben, nicht weniger, denn so Gottes Stimme vom Himmel erschallte, und uns der Absolution fröhlich trösten und wissen, daß wir durch solchen Glauben Vergebung der Sünde erlangen.
Von diesen nötigen Stücken haben vorzeiten die Prediger, die von der Beichte viel lehrten, nicht ein Wortlein gerührt, sondern allein die Gewissen mit langer Erzählung der Sünden, mit Genugtun, mit Ablaß, mit Wallfahrten und dergleichen gemartert. Und viele unser Widersacher selbst bekennen, daß dieses Teils von uns von rechter christlicher Buße schicklicher als lange Zeit zuvor geschrieben und gehandelt sei.
Und von der Beichte wird so gelehrt, daß man niemand drängen soll, die Sünde namhaftig zu erzählen. Denn solches ist unmöglich, wie der Psalm spricht: „Wer kennt die Missetat?“ Und Jeremia sagt: „Des Menschen Herz ist so arg, daß man’s nicht auslernen kann.“ Die elende menschliche Kreatur steckt also tief in Sünden, daß sie dieselben nicht alle sehen oder kennen kann, und sollten wir allein von denen absolviert werden, die wir zählen können, wäre uns wenig geholfen. Deshalb ist nicht not, die Leute zu drängen, die Sünde namhaftig zu erzählen. So haben es auch die Väter gehalten, wie man findet in Dist. I. de poenitentia, da die Worte des Chrysostomus angeführt werden:

„Ich sage nicht, daß du dich selbst sollst öffentlich dargeben noch bei einem anderen dich selbst verklagen oder schuldig geben, sondern gehorche dem Propheten, welcher spricht: Offenbare dem Herrn deine Wege. Deshalb beichte Gott dem Herrn, dem wahrhaftigen Richter, neben deinem Gebet; sage deine Sünde nicht mit der Zunge, sondern in deinem Gewissen“. Hier sieht man klar, daß Chrysostomus nicht zwingt, die Sünde namhaftig zu erzählen. So lehrt auch die Glossa in Decretis, de poenitentia, Dist. 5., daß die Beichte von wegen der Absolution, welche das Hauptstück und das Vornehmste darin ist, zu Trost der erschrockenen Gewissen, dazu um etlicher anderer Ursachen willen, zu erhalten sei.



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