Biblia: das ist: Die gantze Heilige Schrifft: Deudsch. D. Mart. Luth. Wittenberg: Hans Lufft 1545 Sign. ÖNB, BE.1.G.8-9.Alt-Prunk

Luthers Vorrede zum Jakobus- und Judasbrief

Der Text wurde an die aktuelle Rechtschreibung angepasst.


Vorrede auf die Episteln S. Jacobi und Judas.

Diese Epistel S. Jacobi, obwohl sie von den Alten verworfen ist, lobe ich und halte sie doch für gut, weil sie keine Menschenlehre setzt und Gottes Gesetz streng treibt. Aber ich stelle meine Meinung darauf, ohne jemandem zu schaden, und halte sie nicht für eine Apostelschrift. Das ist meine Begründung.

Erstens, dass sie direkt gegen S. Paulus und alle anderen Schriften die Werke der Gerechtigkeit gibt und sagt, Abraham sei aus seinen Werken gerecht geworden, als er seinen Sohn opferte. Doch S. Paulus lehrt im Römerbrief, dass Abraham ohne Werke durch seinen Glauben gerecht wurde und beweist das mit Mose, Genesis 15, bevor er seinen Sohn opfert. Auch wenn dieser Epistel vielleicht geholfen werden könnte und eine Auslegung für die Gerechtigkeit der Werke gefunden würde, kann man sie nicht verteidigen, weil sie den Spruch Mose, Genesis 15 (der allein von Abrahams Glauben und nicht von seinen Werken spricht, wie S. Paulus im Römerbrief führt) auf die Werke bezieht. Darum schließt dieser Mangel, dass sie nicht von einem Apostel ist.

Zweitens, dass sie Christen lehren will und nicht einmal in dieser langen Lehre das Leiden, die Auferstehung und den Geist Christi erwähnt. Er nennt Christus einige Male, aber er lehrt nichts von ihm, sondern spricht von einem allgemeinen Glauben an Gott. Denn das Amt eines richtigen Apostels ist es, von Christi Leiden, Auferstehung und Amt zu predigen und den Glaubensgrund zu legen, wie er selbst sagt in Johannes 15: „Ihr werdet von mir zeugen.“ Und darin stimmen alle rechtschaffenen heiligen Bücher überein, dass sie alle samt Christus predigen und fördern. Auch ist das der richtige Prüfstein, alle Bücher zu tadeln, wenn man sieht, ob sie Christus fördern oder nicht, weil die ganze Schrift Christus zeigt, Römer 3. Und S. Paulus will nichts anderes wissen als Christus, 1. Korinther 2. Was Christus nicht lehrt, ist noch nicht apostolisch, selbst wenn es S. Petrus oder Paulus lehren. Im Gegensatz dazu wäre das, was Christus predigt, apostolisch, selbst wenn es Judas, Hannas, Pilatus oder Herodes täten.

Aber dieser Jakobus tut nicht mehr, als zum Gesetz und seinen Werken zu treiben und wirft so unordentlich eines ins andere, dass ich denke, es war ein guter frommer Mann, der einige Sprüche von den Aposteln oder deren Jüngern gefasst und sie so aufs Papier geworfen hat. Oder es ist vielleicht aus seiner Predigt von einem anderen aufgeschrieben worden. Er nennt das Gesetz „ein Gesetz der Freiheit“, während S. Paulus es ein Gesetz der Knechtschaft, des Zorns, des Todes und der Sünde nennt.

Überdies führt er die Sprüche S. Petri an: „Die Liebe bedeckt der Sünden Menge.“ Ebenso: „Demütigt euch unter die Hand Gottes.“ Ebenso: „S. Paulus Spruch Galater 5: „Den Geist gelüstet wider das Fleisch.“ So doch S. Jakobus zeitlich von Herodes zu Jerusalem vor S. Petrus getötet wurde. Das scheint wohl, dass er lange nach S. Petrus und Paulus gewesen ist.

Summa: Er wollte denen wehren, die sich auf den Glauben ohne Werke verließen, und war der Sache zu schwach. Er wollte es mit dem Gesetz durchsetzen, was die Apostel mit Anreiz zur Liebe durchsetzten. Darum kann ich ihn nicht unter die rechten Hauptbücher setzen, will aber damit niemandem wehren, dass er ihn setzt und hebt, wie es ihm gefällt, denn viele gute Sprüche sind sonst darin.

Die Epistel S. Judas aber kann niemand leugnen, dass sie ein Auszug oder eine Abschrift von S. Petrus’ zweiter Epistel ist, da deren Worte fast alle gleich sind. Auch spricht er von den Aposteln als ein Jünger, der lange danach kam. Und führt auch Sprüche und Geschichten an, die in der Schrift nirgendwo stehen, was auch die alten Väter dazu bewogen hat, diese Epistel aus der Hauptschrift zu verwerfen. Zudem ist der Apostel Judas nicht nach Griechenland gekommen, sondern nach Persien, wie man sagt, sodass er nicht Griechisch geschrieben hat. Darum, obwohl ich sie lobe, ist es doch eine unnötige Epistel, um sie unter die Hauptbücher zu rechnen, die den Glaubensgrund legen sollen.


Quelle

Beitragsbild: Biblia: das ist: Die gantze Heilige Schrifft: Deudsch. D. Mart. Luth. Wittenberg: Hans Lufft 1545 Sign. ÖNB, BE.1.G.8-9.Alt-Prunk



Beitrag veröffentlicht

in

,

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert