Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einem römischen Amphitheater. Vielleicht sind Sie Zuschauer – ein wohlhabender Familienvater, ein Mitglied des kaiserlichen Hofes oder einfach ein Tagelöhner mit etwas Freizeit und Geld. Vielleicht arbeiten Sie dort – als Wächter, als Verkäufer („Gefüllte Siebenschläfer, hier!“), als Sklave in der Küche oder beim Putzen der Sitzreihen. Vielleicht sind Sie Gladiator, Schauspieler, Wagenlenker – oder Henker.
Was auch immer Ihre Rolle in diesem Theater ist: Sie sind ein guter römischer Bürger. Sie wissen, dass man „Ave Caesar“ sagt – schließlich gilt er als Sohn eines Gottes. Und Sie wissen, dass das traditionelle System aus Opfern und Riten das soziale Gefüge Ihrer vielfältigen Stadt zusammenhält. Für Sektierer und Aufrührer ist dort kein Platz.
Wenn Sie also hören, dass heute Christen in der Arena auftreten, verstehen Sie warum: Sie gelten als Bedrohung für die Gesellschaft. Der Kaiser setzt ein Exempel – und bietet Ihnen dabei Unterhaltung.
Doch als die Christen in die Arena geführt werden, irritiert Sie etwas: Zwei davon sind junge Frauen. Eine hat ein kleines Kind zurückgelassen, die andere hat im Gefängnis geboren. Sie sehen, wie sie gemeinsam beten, während die Wachen ihre Schwerter ziehen und die wilden Tiere vorbereitet werden.
Sie erwarten Panik, Weinkrämpfe, Ohnmacht. Aber das geschieht nicht. Sie sehen, wie sich die Frauen mit dem Kreuz bezeichnen, einander auf die Wange küssen und dem Tod mit entschlossener Ruhe entgegengehen. Diese Frauen hätten so viel zu verlieren – warum geben sie es einfach auf?
Glaube im Angesicht des Todes
Perpetua und Felicitas lebten im römisch beherrschten Karthago (Nordafrika) im späten 2. und frühen 3. Jahrhundert. Perpetua war eine junge Adelige und Mutter eines Kleinkinds. Felicitas war eine schwangere Sklavin. Beide waren Katechumenen – Taufbewerberinnen – und Teil einer kleinen Gruppe von Neugetauften, die wegen ihres Glaubens verhaftet wurden.
Im Römischen Reich galt das Christentum als gefährlich. Es entzog sich der Vielgötterreligion des Staates, die als Garant für Frieden und Einheit diente. Wer sich dem verweigerte, galt als Unruhestifter.
Ihr Glaube im Gefängnis
Besonders bemerkenswert: Ein Gefängnistagebuch von Perpetua ist erhalten geblieben, vermutlich von Tertullian redigiert. Es beschreibt eindrucksvoll ihren inneren Kampf – ihre Liebe zu ihrem Kind, ihre Standhaftigkeit im Glauben, ihre Träume und Visionen.
Ihr Vater, kein Christ, versuchte dreimal, sie zum Widerruf zu bewegen: mit Drohungen, Tränen, Bitten um des Kindes willen. Perpetua blieb fest. Sie betete für ihn, liebte ihn – aber widerrief nicht. Christus war ihr Herr.
Felicitas fürchtete, getrennt von den anderen Hingerichteten zu werden, weil schwangere Frauen nach dem Gesetz nicht getötet werden durften. Sie brachte ihr Kind einen Monat zu früh zur Welt und durfte so gemeinsam mit ihren Glaubensgeschwistern den Tod erleiden.
Und nehmen sie uns Leib und Leben
Die Christen gingen mit Freude und festem Glauben in den Tod. Perpetua ordnete im Angesicht der wilden Tiere ihr Haar, damit sie nicht wie eine Trauernde, sondern mit Würde sterbe. Sie half Felicitas auf, als diese niedergestoßen wurde. Sie gaben einander den Friedenskuss und starben durch das Schwert.
Luthers Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ klingt hier wie ein Echo:
Das Wort sie sollen lassen stahn
und kein’ Dank dazu haben;
er ist bei uns wohl auf dem Plan
mit seinem Geist und Gaben.
Nehmen sie den Leib,
Gut, Ehr, Kind und Weib:
lass fahren dahin,
sie haben’s kein’ Gewinn,
das Reich muss uns doch bleiben.
Perpetua und Felicitas geben dem eine Form: Sie gaben alles – Kind, Familie, Leben – für Christus hin.
Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, und die Seele nicht können töten; fürchtet euch aber vielmehr vor dem, der Leib und Seele verderben kann in der Hölle. […] Wer nun mich bekennet vor den Menschen, den will ich bekennen vor meinem himmlischen Vater.
Matthäus 10,28.32
Mut heute
Vielleicht sind Sie nicht zum Märtyrertod berufen. Doch weltweit werden Christen verfolgt, ausgegrenzt, geschmäht. Auch Sie werden in Ihrem Umfeld Situationen erleben, in denen Sie für Christus einstehen müssen.
Ob Sie dabei nur einem spöttischen Kommentar oder offenem Hass begegnen – erinnern Sie sich an das Zeugnis von Perpetua und Felicitas:
Glauben, Mut und Liebe – im Angesicht der Welt.
Wer sein Leben findet, der wird’s verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s finden.
Matthäus 10,39
Wir bedanken uns bei The Lutheran Witness für die freundliche Genehmigung, diesen Artikel hier in deutscher Übersetzung veröffentlichen zu dürfen.
Den Original-Artikel können Sie hier lesen: Our Great Heritage: Perpetua and Felicitas